Mit Schreiben vom 17.01.2022 – III C 2 -S 7100/19/10002 :002 hat das BMF erfreulicherweise zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Transaktionen auf Gewichtskonnten Stellung genommen. Für die Praxis bedeutet dieses BMF-Schreiben eine Klarstellung. Gleichzeitig wird die praktische Anwendung der betroffenen Fälle erleichtert.

In der Praxis der Edelmetallbranche ist es so, dass physisches Metall regelmäßig sammelverwahrt wird und mit dem Edelmetall anderer Kunden gemischt ist. Eine Konkretisierung des jeweiligen Metalls ist daher grundsätzlich nicht möglich. Transaktionen über das betroffene Edelmetall werden dementsprechend nicht unmittelbar physisch vollzogen, sondern es erfolgt vielmehr eine Buchung über das entsprechende Metallkonto.

In diesem Zusammenhang stellt sich nun in umsatzsteuerlicher Hinsicht die Frage, ob solche Transaktionen, die über ein Edelmetallkonten abgewickelt werden, als Lieferung von Edelmetall oder als sonstige Leistungen zu betrachten sind. Die Frage hat ganz erhebliche Auswirkungen, da Lieferungen im Vergleich zu sonstigen Leistungen umsatzsteuerlich ganz anderen Regelungen unterliegen. Dies gilt insbesondere für die Frage des Ortes der Lieferung, was insbesondere bei grenzüberschreitenden Transaktionen relevant ist, als auch für die Anwendung einer etwaigen Verlagerung der Steuerschuld (reverse-charge). 

Die Frage nach der Abgrenzung von Lieferung und sonstiger Leistung bei Transaktionen über Gewichtskonten war schon lange in der Diskussion. Regelmäßig wurden Verfügungen über Metallkonten als sonstige Leistungen qualifiziert. “Jüngst” wurde die Diskussion zusätzlich durch ein Urteil des BFH vom 18.02.2016 befeuert. Darin hatte der BFH entschieden, dass die Übertragung von Miteigentumsanteilen an einer Sache als Lieferung zu behandeln ist. Die Anwendung dieser neuen Entscheidung auch auf die Verfügung von Edelmetall über entsprechende Konten war zweifelhaft.

In dem aktuellen BMF-Schreiben differenziert die Finanzverwaltung nunmehr wie folgt: 

Nach Auffassung des BMF ist ausschlaggebend für die umsatzsteuerliche Qualifikation das eigentliche Grundgeschäft. 

Danach gilt, das reine Umbuchungssachverhalte, das heißt Gewichtskontenbewegungen, denen keine Grundgeschäfte zugrunde liegen, umsatzsteuerlich nicht relevant sind. In solchen Fällen, liegt überhaupt kein Grundgeschäft vor. Diese Fallvariante betrifft insbesondere Konstellationen, in denen Gewichtskonten von einer Bank auf die andere Bank transferiert werden. Auch umfasst ist der Fall der Anlieferung von Metall bei einer Scheideanstalt, die das Metall dann auf ein Gewichtskonto des jeweiligen Kunden gutschreibt. In all diesen Fällen ist keine Übertragung von Metall gewollt oder vereinbart. Ebenfalls nicht der Umsatzbesteuerung (mangels Umsatzgeschäfts) unterliegen sogenannte Differenzgeschäfte bzw. Absicherungsgeschäfte. 

Ist aber tatsächlich eine Verfügung über das Edelmetall vereinbart, so ist wie folgt zu differenzieren:

Nach Auffassung des BMF ist eine Lieferung immer (und nur) dann anzunehmen, wenn eine Konkretisierung von Übergabeort, Form, Stückelung und Reinheit des Metalls vorgenommen wurde bzw. schon bei Abschluss des Grundgeschäfts beabsichtigt ist, eine solche Konkretisierung noch vor der Übertragung vorzunehmen. Hierfür listet das BMF verschiedene Indizien auf. Bei Transaktionen unter Einbeziehung von Metallkonten ist dies aber nicht der Regelfall, da es häufig an der Konkretisierung des entsprechenden Metalls fehlt. 

Dementsprechend führt auch das BMF aus, dass eine sonstige Leistung dann vorliegen soll, wenn die Rechtsposition des Gewichtskonteninhabers aufgrund der konkreten Bedingungen der Metallaufbewahrung und der Konditionen für das Herausgabeverlangen des Metalls beschränkt ist. Indizien für ein nur eingeschränktes Recht an dem hinter dem Gewichtskonto stehenden physischen Metall seien z. B., dass zwischen den Beteiligten nicht feststehe, wann und ob überhaupt das Metall physisch zur Verfügung gestellt wird, der Belegenheitsort des gelagerten/physischen Metalls dem Gewichtskonteninhaber im Zeitpunkt des Erwerbs des Anspruchs nicht bekannt sei oder zwischen den Beteiligten nicht feststehe, in welcher Form, Stückelung oder Reinheit die Metalle abgerufen werden soll.

Das BMF hat entsprechend den vorstehend beschriebenen Grundsätze den Umsatzsteuer-Anwendungserlass angepasst. Für die Praxis ist das BMF-Schreiben erfreulich, da nunmehr eine handhabbare Klarstellung vorliegt. Unternehmen und ihre steuerlichen Berater haben nun zumindest eine Gewissheit darüber, welche Kriterien für die Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstige Leistung in den entsprechenden Fällen anzuwenden sind. Gleichwohl bleibt es dabei, dass die Frage, wann eine hinreichende Konkretisierung im Hinblick auf die Übertragung des Metalls vorgenommen wurde schwierig zu beurteilen sein kann. Hier sollte man insbesondere auf die konkrete Vertragsgestaltung bzw. Vertragsbedingungen achten und diese erforderlichenfalls unter Berücksichtigung des vorgenannten BMF-Schreibens anpassen. Grenzfälle sind natürlich weiterhin nicht ausgeschlossen.